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Sparkasse Düsseldorf finanziert mit Millionen den Angriffskrieg von Saudi-Arabien im Jemen

Sparkasse Düsseldorf finanziert mit Millionen den Angriffskrieg von Saudi-Arabien im Jemen

Wie die Umwelt- und Menschenrechtsorganisation “urgewald” berichtete, gewährte die Stadtsparkasse Düsseldorf dem Rüstungskonzern Rheinmetall einen Kredit in Millionenhöhe. Vielen Kunden des bodenständigen westfälischen Geldinstituts ist dies nicht bekannt.

Volksbanken und Sparkassen genießen nach wie vor in weiten Teilen der Bevölkerung einen guten Ruf bei ihren Kunden. Auch aufgrund ihrer starken lokalen Verankerung sind sie tendenziell weniger stark in umstrittene Transaktionen wie Rüstungsgeschäfte verstrickt als etwa international agierende Großbanken.

Umso mehr vermag es da zu verwundern, dass nach Recherchen der Organisation “urgewald” die Stadtsparkasse Düsseldorf bereits Ende 2015 gemeinsam mit 12 weiteren Banken dem größten deutschen Rüstungskonzern Rheinmetall mit Sitz in der Hauptstadt von NRW einen Kredit von 500 Millionen Euro zur Verfügung gestellt hat. Dazu erklärt Dr. Barbara Happe, Rüstungsfinanzexpertin bei urgewald:

„Wir wissen nicht genau, in welcher Höhe sich die SSK an dem Kredit beteiligt hat, aber die SSK selbst sagt, dass sie nicht die “wichtigste Bank” für den Konzern sei.“

Wohl die wenigsten Sparkassen-Kunden vermuten, dass auch ihre Bank, zu der sie womöglich bereits seit Jahrzehnten ein gutes und vertrauensvolles Verhältnis pflegen, derlei Geschäftspraktiken verfolgt. Dies wohl auch aufgrund der Tatsache, dass die Sparkassen ihre Aufgaben im “öffentlichen Interesse” betreiben, das seinerseits wiederum der “Beachtung des Gemeinwohls” unterworfen ist.

Dieses in den Sparkassengesetzen der Länder und in den jeweiligen Satzungen verankerte “Gemeinwohl” scheint jedoch spätestens mit Blick auf Geschäftstätigkeiten außerhalb der bundesdeutschen Grenzen nicht mehr zu gelten.

Das Vorstandsmitglied der Stadtsparkasse Düsseldorf, Michael Meyer, hat denn auch keine Bedenken, was die Kreditvergabe an Rheinmetall angeht. Nach Angaben ihres Sprechers schätzt das Kreditinstitut das Düsseldorfer Traditionsunternehmen Rheinmetall vielmehr als lokalen Geschäftspartner mit einer guten Wirtschaftskraft, der lokale Arbeitsplätze sichere. Auch ethisch sieht die SSK-Düsseldorf keine Probleme bei der Kreditvergabe, da sich die Geschäftstätigkeit von Rheinmetall im Einklang mit der deutschen Gesetzgebung befinde. Dazu Happe:

„Auf die Finanzierung angesprochen, bestätigt die SSK, Rheinmetall als Kunden zu haben. Sie sagt ferner, dass sie nichts Verwerfliches darin sehe, Rheinmetall zu finanzieren. Man habe keine Hinweise darauf, dass der Konzern sich gesetzeswidrig verhalte, so dass man sich von ihm trennen müsse. Außerdem finde man es insgesamt nicht verwerflich, Rüstungsunternehmen zu finanzieren, da man ja nicht in einer friedlichen Welt lebe.“

Dass die deutsche Praxis bei der Genehmigung von Rüstungsexporten selbst unter massiver Kritik steht, scheint dabei ebenso wenig in die Erwägungen des Geldinstituts einzufließen wie die Tatsache, dass die Rüstungsschmiede offensichtlich systematisch Exportbeschränkungen aushebelt. Dies vor allem durch Tochter- und Gemeinschaftsunternehmen im Ausland. So fotografierte ein Human-Rights-Watch-Mitarbeiter im Mai 2015 im Jemen eine Bombe des Typs MK-83, die zwar abgeworfen worden, aber nicht explodiert war.

Auf dieser Bombe fand sich ein Code, der auf das Unternehmen RWM Italia als Hersteller hinwies. Bei dem italienischen Unternehmen handelt es sich wiederum um ein Tochterunternehmen von Rheinmetall. RWM Italia exportierte Waffen legal nach Saudi-Arabien und dies unter Umgehung deutscher Ausfuhrgenehmigungen, da der entsprechende Deal über Italien abgewickelt wurde.

Saudi-Arabien führt im Jemen seit 2014 Krieg gegen die Huthi-Rebellen und begeht dabei massive Menschenrechtsverletzungen. Tausende Zivilisten sind dem Bombardement durch Kampfverbände der absolutistischen Monarchie bereits zum Opfer gefallen.

Darüber hinaus betreibt der größte deutsche Rüstungskonzern zusammen mit einem staatlichen südafrikanischen Partnerunternehmen eine neue Munitionsfabrik in Saudi-Arabien. Die Fabrik wurde von der saudischen Military Industries Corporation in Al-Kharj südlich von Riad gebaut, wird jedoch von Rheinmetall Denel Munition betrieben. Rheinmetall hält an dem gemeinsamen Joint Venture einen Anteil von 51 Prozent.

https://www.youtube.com/watch?v=8WVDO4kyvG8

Zum Angebots-Portfolio von Rheinmetall Denle Munition gehören laut eigenen Angaben Artillerie, Mörser, Flugzeugbomben sowie Flugkörper-Subsysteme. Dazu der Rüstungsexperte der LINKEN, Jan van Aken:

„Ein absoluter Wahnsinn, jetzt in Saudi-Arabien eine Granatenfabrik aufzubauen, während das Land im Jemen Krieg führt.“

Sollte mit der Zusammenarbeit auch ein “Technologietransfer“ der deutschen Rheinmetall nach Südafrika verbunden sein, wäre im Fall des deutsch-südafrikanischen Joint Ventures, anders als beim italienischen Tochterunternehmen, zudem eine Genehmigung des Bundessicherheitsrats notwendig gewesen. Van Aken fordert nun eine entsprechende Untersuchung und ergänzt:

„Rheinmetall bereichert sich gerade an den Toten im Jemen.“

Zum schmalen Grat zwischen Ethik und Recht stellt Otfried Nassauer vom Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit fest:

„Rheinmetall kauft und modernisiert Munitionshersteller im Ausland. Der Konzern beliefert Kunden in umstrittenen Drittländern über seine Tochter- und Gemeinschaftsfirmen im Ausland. Darunter sind Kunden, deren Belieferung aus Deutschland nicht genehmigt würde.“

Massive Kritik übt urgewald derweil auch an weiteren Geschäften der Sparkasse Düsseldorf. Dabei geht es um selbst aufgelegte Fonds des Kreditinstituts. In diesen finden sich zahlreiche Unternehmen, in die viele Sparkassenkunden bei entsprechender Kenntnislage wohl eher ungern investieren würden. Dazu zählen Unternehmen wie etwa Thyssen Krupp, das aufgrund von U-Boot-Verkäufen in Krisengebiete in der Kritik steht, oder Daimler, das Lieferant von Militärtransportern in Konfliktgebiete ist.

Es finden sich aber auch etliche weitere Unternehmen etwa aus dem fossilen und Bergbau-Sektor, wie Rio Tinto, BHP Billiton, Shell oder auch HeidelbergCement, die nicht selten vor Ort in Menschenrechtsverletzungen verstrickt sind und denen darüber vorgeworfen wird, den Treibhauseffekt weiter anzuheizen. Zudem nimmt die Vereinigung an wirtschaftlichen Engagements der besagten Unternehmen in Gebieten Judäas und Samarias Anstoß, deren völkerrechtlicher Status ungeklärt ist. Dazu äußert die urgewald-Rüstungsexpertin Barbara Happe:

„Im Fonds Nachhaltigkeit, der eigentlich so klingt, als sei er besonders nachhaltig, haben wir auch Unternehmen wie HeidelbergCement und Daimler entdeckt. HeidelbergCement ist durch völkerrechtswidrige Ausbeutung nicht nachwachsender Rohstoffe in Steinbrüchen in den besetzten palästinensischen Gebieten in die Kritik geraten. Durch diese besteht die Gefahr, den dortigen Besatzungsstatus zu verlängern.“

All das stehe einem Kreditinstitut wie der SSK-Düsseldorf, dass sich ethisches Handeln und Philanthropie auf die Fahnen geschrieben hat, nicht gut zu Gesicht. In der Studie “Die Waffen meiner Bank“, die urgewald in Kooperation mit der Organisation “Facing Finance” erstellt hat, heißt es zu diesen umstrittenen Portfolios:

„Sparer/innen müssen zudem beim Wertpapier- und Anlagegeschäft aufpassen. Oftmals bieten Sparkassen und Volksbanken Produkte ihrer Fondsgesellschaften an, der DekaBank bei den Sparkassen und Union Investment bei den Volks- und Raiffeisenbanken. Diese sind nicht automatisch “unbewaffnet”, sondern dies muss die Kundschaft genau nachprüfen. Selbst das Ausschlusskriterium “Rüstung” bei als “nachhaltig” klassifizierten Produkten ist kein Garant für ein sauberes Portfolio. Denn oft gelten noch Umsatzgrenzen, so dass trotzdem in Mischkonzerne investiert werden darf, die bis zu 5-10 Prozent ihres Umsatzes in der Rüstungssparte machen.“

Der von den Sparkassen gerne aufgegriffene Begriff des Gemeinwohls scheint bei deren Aktivitäten generell insbesondere auch für die eigenen Vorstände selbst zu gelten. So erhalten diese im Verhältnis zum erwirtschafteten Gewinn wesentlich höhere Bezüge als die Vorstände der ebenfalls dem Wohl der Allgemeinheit verpflichteten Genossenschaftsbanken – oder sogar jene der Privatbanken. Dazu Ralf Jasny von der Fachhochschule Frankfurt:

„Berücksichtigt man die Größe und Bedeutung der Institute, so verdienen Sparkassenvorstände in Relation fünfmal so viel wie Vorstände der Deutschen Bank und Commerzbank.“

Ganz offensichlich gibt es bei den Praktiken und Geschäftsmodellen der Sparkassen also einigen Klärungsbedarf, möchten sie nicht das Vertrauen verspielen, das ihnen entgegengebracht wird. “Wenn’s um Geld geht – Sparkasse” sollte daher in Zukunft wieder für die einfachen Menschen, aber nicht für Rüstungsunternehmen gelten.

https://www.youtube.com/watch?v=toLoWPpIBOA

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